Jahresabonnement hier bestellen

Kreisverkehre – Die Rolle der Verkehrssicherheit und der Richtlinienpraxis

Roundabouts – The role of traffic safety and guidelines in practice

Hermann Knoflacher, Harald Frey

Kreisverkehre kommen aufgrund ihrer reduzierenden Wirkung auf Unfallhäufigkeit und Unfallschwere immer öfter zum Einsatz. Zahlreiche Ergebnisse über die Wirksamkeit von Kreisverkehren innerhalb und außerhalb bebauter Gebiete liegen vor. Dabei zeigt sich abhängig von der Anlageart eine deutliche Reduktion der Zahl der Unfälle und der Unfallschwere aufgrund der geringeren Geschwindigkeiten im Knotenpunkt. Anhand eines aktuellen Beispiels aus der Praxis werden Argumente einer Straßenverwaltung gegen die Errichtung eines Kreisverkehrs überprüft und die vorgeschlagene Kreuzungsform kritisch analysiert. Unter Einbeziehung und Vergleich der Unfallkosten beider Varianten können auch höhere Investitionskosten für den Kreisverkehr als Gegenargument nicht aufrechterhalten werden. Für eine Beurteilung möglicher Zeitunterschiede sind sowohl Systemwirkungen als auch Systemgrenzen zu beachten. Verantwortungsethik, die Behörde wie auch Gutachter zur Beachtung der Hierarchie der Werte zwingt, ist notwendig. Wenn es um Risiko für das Leben und Gefährdung der Gesundheit geht, handelt es sich um zeitinvariante Werte. Empfehlungen und Richtwerte von Richtlinien haben eine Lebensdauer, die vom Erkenntnisfortschritt und Systemverständnis abhängig sind. 

Roundabouts are becoming increasingly common because of their reducing effect on accident frequency and severity. Numerous results on the effectiveness of roundabouts within and outside built-up areas are available. Depending on the type of the roundabout, a significant reduction of the number of accidents and accident severity due to the lower vehicle speed in the intersection is proven. Based on a recent practical example, arguments of the road administration against a construction of a roundabout are being reviewed and critically analyzed. Even higher investment costs for the roundabout as a counter argument fail, when the comparison ofcosts of accidents of both variants are taken into consideration. To assess possible time differences, both system effects as well as system limits have to be observed. Ethics of responsibility which forces the authority as well as experts to respect the hierarchy of values is necessary. Risk of life and health hazard are time-invariant values. Recommendations and guideline policies have a lifetime which depends on the progress of knowledge and understanding of the system.

CMF – Eine Methode zur Bewertung von Verkehrssicherheitsmaßnahmen am Beispiel von Kreisverkehren

CMF – A method to evaluate road safety measures on the example of roundabouts

Alexander Pommer, Elisabeth Ströbitzer, Georg Hauger

Die Crash Modification Function (CMF) ist eine mathematische Entscheidungshilfe für Verkehrssicherheitsexperten, um die Effizienz infrastruktureller Maßnahmen bewerten und vergleichen zu können. Kreisverkehre haben sich seit Längerem als Infrastrukturmaßnahme an Knotenpunkten bewährt. Um besser quantifizieren zu können, wie sich der Umbau einer ungeregelten Kreuzung zu einem Kreisverkehr auswirkt und um den Vergleich zu anderen Maßnahmen ziehen zu können, wurde in der vorliegenden Studie die Unfallveränderungsrate anhand von 24 Kreisverkehren bzw. Referenzkreuzungen berechnet. Es wurden zwei Methoden der Crash Modification Function angewandt: Eine Vorher-Nachher-Analyse und eine Vergleichsgruppenanalyse. Da Mittel zur Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, wurde auch ein Kostenvergleich zwischen Unfallfolgekosten und Errichtungskosten eines Kreisverkehrs angestellt sowie die Amortisierungsdauer betrachtet.

The Crash Modification Function is a mathematical decision tool for traffic safety authorities, supporting them in evaluating and comparing the effectiveness of infrastructure measures. In recent years, roundabouts have provided conclusive proof of being effective infrastructure measures for intersections. This study uses two different variants of the Crash Modification Function for evaluating the effectiveness of the reorganization of a conventional intersection into a roundabout and to compare this measure to others: a before-after comparison and a comparison group version. The Crash Modification Factor (CMF) is calculated based on a selection of 24 roundabouts and/or reference intersections in Lower Austria. Due to the fact that financial means for improving road safety are limited, a cost comparison between accident and construction costs of a roundabout has been drawn.

Tödliche Fahrradunfälle im Land Berlin von 2000 bis 2009 – Begleitumstände, Unfallgeschehen und Todesursachen

Fatal bicycle accidents in the city of Berlin from 2000–2009 – Circumstantial features, accident mechanisms, and causes of death

Claas Buschmann, Anja Groß, Michael Tsokos, Christian Kleber

Der Anteil der getöteten Radfahrer unter den tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmern überschreitet deutlich den Anteil aller Verkehrstoten. Wir führten eine retrospektive Studie aus dem Sektionsgut der Berliner Rechtsmedizin hinsichtlich Begleitumständen, Unfallgeschehen und Todesursachen von verunglückten Fahrradfahrern im Zeitraum 2000–2009 durch. Insgesamt konnten 137 tödliche Radfahrunfälle analysiert werden. Die meisten Unfälle ereigneten sich im Spätsommer an den Tagen Mittwoch und Donnerstag bei guten Tageslichtverhältnissen. In über der Hälfte der Fälle lag ein tödliches Schädel Hirn-Trauma vor, 77 % der Unfallopfer trugen keinen Schutzhelm. In etwa einem Drittel kam ein tödliches Polytrauma zur Darstellung. Als führender Unfallmechanismus ließ sich eruieren, dass die Radfahrer von links oder rechts abbiegenden Fahrzeugen erfasst worden waren; ein schuldhaftes Verhalten der Radfahrer lag nach Sichtung der Ermittlungsakten in etwa der Hälfte der Fälle vor. Die vorliegende Studie beleuchtet tödlicher Radfahrunfälle in der Großstadt über 10 Jahre und betont die Notwendigkeit der Einhaltung der Straßenverkehrsregeln sowie die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung bei der Teilnahme am Straßenverkehr. Die Zahl tödlicher Radfahrunfälle könnte durch verkehrspräventive Maßnahmen wie die Einführung einer Helmpflicht für Radfahrer verringert werden.

The proportion of deceased bicyclists among road user deaths clearly exceeds the overall portion of killed traffic participants in the total number of traffic casualties. We present a retrospective autopsy study from the Institute of Legal Medicine and Forensic Sciences in Berlin, Germany, over the period 2000–2009 regarding circumstantial features, accident mechanisms, and causes of death. There is analysis of 137 fatal bicycle accidents. Most accidents occurred in the late summer on Wednesdays and Thursdays with good daylight conditions. In more than 50 % of cases, severe traumatic brain injury was diagnosed, and more than 77 % of deceased bicyclists did not wear a protective helmet. In approximately a third of cases, polytrauma led to death. Predominant accident mechanisms were cyclists that had been struck by left or right turning vehicles. According to police records, culpable behaviour of the cyclists was seen in half of the accidents. The present study highlights fatal bicycle accidents in the traffic density of a large city over a long period and stresses the necessity for the adherence to traffic rules as well as the use of personal protection equipment whilst riding in traffic. The number of fatal cyclist accidents might be reduced by preventive traffic measures, e. g. obligatory wearing of a protective helmet.

Die Einstellung Jugendlicher zum Tragen eines Fahrradhelms – Ergebnisse einer Befragung Jugendlicher im Teenager-Alter

The attitude of teenagers towards bicycle helmets – Results of a survey

Jürgen Walter, Thilo Marquardt

Die ansteigende Nutzung von Fahrrädern auf deutschen Straßen hat den Nebeneffekt einer hohen Anzahl von Fahrradunfällen. Im Jahr 2012 wurden insgesamt 201.065.873 Fahrradunfälle erfasst, wobei in diesem Zusammenhang von einer größeren Dunkelziffer auszugehen ist. Fahrräder stellen zudem ein oft genutztes Transportmittel für Schüler dar, um zur Schule zu gelangen. Dabei ist festzuhalten, dass der Prozentanteil der Rad fahrenden Kinder bei selbstverschuldeten Unfällen angestiegen ist. Methoden: Zwischen Juli und September 2012 wurden Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren mit einem standardisierten Interview zu ihrer Einstellung gegenüber Fahrradhelmen befragt. Ergebnisse: Die Antworten von 185 Jugendlichen konnten in dieser Studie ausgewertet werden. Ungefähr 70 % der Befragten nutzen zumindest gelegentlich das Fahrrad, um zur Schule zu gelangen. Dabei tragen diese in 75 % der Fälle nie einen Fahrradhelm. Vor allem ein eigener Unfall würde die Schüler dazu motivieren, einen Helm bei der Fahrradnutzung zu tragen. Den größten Einfluss auf das Helmtrageverhalten der Jugendlichen haben die Eltern, welche nur in 15 % der Fälle selbst Fahrradhelme tragen. Diskussion: Der Anteil der helmtragenden Schüler ist gering. In Anbetracht des hohen motivationalen Einflusses eines selbst erlebten Unfalls ist es sinnvoll, affektive Aufklärungsmaterialien zu benutzen, um die Jugendlichen emotional zu erreichen. Zudem sollten auch die Eltern in Aufklärungsprogramme integriert werden, um den Anteil der helmtragenden erwachsenen Rollenmodelle zu erhöhen.

The increasing use of bicycles on German streets has the side effect of a high number of bicycle accidents. During the year 2011, a total of 201,065,873 bicycle accidents was recorded whereas the estimated number of unreported accidents seems to be much higher. Bicycles are also frequently used transportation devices for students to get to school. In this context, the percentage of cycling children in self-inflicted accidents has increased. Methods: From July to September 2012, teenagers between the age of 12 and 19 years were asked to answer questions about their attitude towards bicycle helmets in a standardized interview. Results: The answers of 185
teenagers were included in this study. About 70 % of the interviewed persons use a bicycle on their way to school at least occasionally. At the same time, 75 % never wear a helmet in this context. Especially the involvement in an accident would motivate the interviewed persons to wear a helmet when using a bike. In addition, the biggest influence on the manner to wear a helmet had the parents which in only 15 % of the cases wear helmets themselves. Discussion: The due of bicycle helmet wearing pupils is low. According to the high motivational influence of self-perceived accidents it makes sense to use affective material educational programmes to engage the teenagers emotionally. In order to increase the number of helmet wearing adult role-models the parents should be integrated in these programmes.

 

3. Auflage „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien“

Frank Mußhoff

3. Auflage 2013; 364 Seiten; Buch, 17 x 24 cm, Hardcover, ISBN: 978-3-7812-1894-9; Kirschbaum Verlag Bonn, 149,00 €. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) – Wolfgang Schubert, Volker Dittmann, Jürgen Brenner-Hartmann

Aktiver Fußgängerschutz – Entwicklung eines einheitlichen Performancetests

Active Pedestrian Safety – Development of a uniform performance test

Stefanie Ritter

Mit der Entwicklung der Automobilgeschichte wurden die Gefahren für Fußgänger im Straßenverkehr immer größer und vielfältiger. Deshalb ist es heutzutage von größter Bedeutung, Pkw-Fußgänger-Kollisionen zu vermeiden oder zumindest die Schwere der Verletzungen zu reduzieren. Dabei können die bisher wenig verbreiteten Fahrerassistenzsysteme mit Fußgängererkennung den Fahrer unterstützen. In dem 2009 gegründeten Arbeitskreis „vFSS – vorausschauende Frontschutzsysteme“ haben sich Automobilhersteller, DEKRA, die Bundesanstalt für Straßenwesen sowie die Versicherungswirtschaft zum Ziel gesetzt, Vorschläge für Testverfahren von Assistenzsystemen zu erarbeiten. Diese sollen auf dem realen Unfallgeschehen basieren und einen Beitrag zur Harmonisierung der Testverfahren leisten. Eine damit verbundene Reduzierung der Systemkosten würde schneller zu einem größeren Ausrüstungsanteil in der Fahrzeugflotte führen. Mit In-Depth-Analysen von Fußgängerunfällen wurden die sechs häufigsten Unfallszenarien definiert und hieraus vier Testszenarien entwickelt. Unabhängig von der verwendeten Sensortechnik können diese Tests auf speziell ausgelegten Prüfständen umgesetzt werden.

Together with the history of the automobile the risks for pedestrians in road traffic gets bigger and more multifaceted. Against this background it is very important to avoid car-pedestrian-collisions or at least to mitigate the consequences of the collision. At this, active safety systems with pedestrian detection can assist the driver. The Working Group “vFSS – advanced Forward-looking Safety Systems)” was established in 2009 to develop a proposal for a technology test procedure which reflects the real accident situation. Members are car manufacturers, DEKRA, Bundesanstalt für Straßenwesen and the insurance industry. Among others, the harmonization of the test procedures will lower the system costs. Thus way the systems can enter all vehicle classes and hence ensure a broad market penetration. By in-depth-analysis of real pedestrian accidents six typical accident scenarios were defined and merged into four test scenarios. Independent of the used sensor technology, the implementation of these tests take place on special test rigs.

Elektrofahrräder

Electrical bicycles

Bernd Huppertz und Joachim Kern

1. Der Sättigungsgrad an Fahrrädern in bundesdeutschen Haushalten stagniert seit mehreren Jahren auf einem sehr hohen Niveau um die 70 Millionen Zweiräder. Auf der Suche nach neuen Absatzmärkten wurden von der Zweitradindustrie Fahrräder mit Elektromotoren entwickelt, die das Radfahren mit oder ohne Anfahr- oder Schiebehilfe erleichtern sollen. Diese wurden und werden intensiv sowohl in Print- als auch in elektronischen Medien beworben; ihre Inlandsanlieferungen stiegen in den letzten 5 Jahren um über 500 Prozent. Der Anteil von E-Bikes an der Gesamtzahl liegt bei nur 5 Prozent. 2. Zulassungs- und fahrerlaubnisrechtlich gelang die Einordnung dieser Pedelecs und E-Bikes in die existierenden relevanten Vorschriften nicht immer problemfrei. Sie wurden einerseits als Fahrräder, andererseits als Kleinkrafträder definiert. Durch Initiative des Bundesgesetzgebers werden Pedelecs mit oder ohne Anfahr- oder Schiebehilfe bis 6 km/h, die durch Muskelkraft angetrieben werden und mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und bei Erreichen einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h oder früher, wenn der Fahrer im Treten einhält, zum 1.7.2013 als Fahrräder angesehen. Zweiräder mit anderen technischen Merkmalen sind weiterhin Krafträder. 3. Auf dem 50. Deutschen Verkehrsgesichtstages 2012 wurde bereits gefordert, Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Pedelecs bzw. E-Bikes statistisch gesondert zu erfassen und wissenschaftlich zu untersuchen. Während zwei Forschungsvorhaben bereits realisiert sind, werden Beteiligungen von Elektrofahrrädern an Verkehrsunfällen in nur vier Bundesländern statistisch erfasst. Nur in diesen Ländern liegt ein Verkehrsunfalllagebild als planerische Grundlage für weitere Maßnahmen der Verkehrssicherheitsarbeit vor. 4. Die Verkehrsunfälle unter Beteiligung von E-Bikes und Pedelecs sind in der Gesamtschau der polizeilich bekannt gewordenen Unfallzahlen marginal. Die durch Pedelec- resp. E-Bike-Fahrerinnen und -Fahrer verursachten Verkehrsunfälle geben Anlass zur Besorgnis, sie schwanken in den untersuchten Bundesländern zwischen 36 und 67 Prozent.

1. The saturation level of bicycles in German households has not changed during the last couple of years. Stagnation was observed on a high level of about 70 million two-wheelers. Searching for new business markets, bikes with electric motors have been developed by the two-wheeler industry to facilitate cycling with or without starting- or pushing aid. These bikes have been covered both by the print- and the electronic press; their inland delivery has increased by 500 per cent during the last five years. The share of e-bikes in the total number amounts to 5 per cent. 2. Fitting pedelecs and e-bikes into the existing legal rules of driving-licences and vehicle immatriculation was not accomplished without problems. Pedelecs were defined either as bicycles or as mopeds. According to the initiative of the national legislator cycles (with or without assisted traction or pushing aid up to 6 km/h) with pedal assistance which are equipped with an auxiliary electric motor having a maximum continuous rated power of 0,25 kW, of which the output is progressively reduced and finally cut off as the vehicle reaches a speed of 25 km/h, or sooner, if the cyclist stops pedalling, are treated as bicycles up from 1.7.2013. 3. At the 50th German “Verkehrsgerichtstag” in 2012 it has already been demanded to statistically record traffic accidents with pedelecs‘ respectively e-bikes‘ involvement separately and to investigate them scientifically. While two research projects have already been realized, e-bikes‘ involvement in traffic accidents are only recorded statistically in four states. Only in these states one has a clear image of the situation of traffic accidents. This image builds the basis for further actions of road safety work. 4. In the overall assessment of the amount of accidents publicly announced by the police, traffic accidents with involvement of e-bikes and pedelecs are marginal. Traffic accidents caused by pedelec or alternatively e-bike drivers are a cause of concern. The figures range from 36 to 67 per cent in the investigated states.