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Carsharing-Nutzer:innen: Bedienung von Fahrzeugen, Sicherheitsgefühl und Unfälle

Car sharing users: operation of vehicles, feeling of safety and accidents

Maria Fleischer, Ernestine Mayer, Raffaela Neustifter, Klaus Robatsch und Aggelos Soteropoulos

Carsharing erfreut sich in den letzten Jahren sowohl in Deutschland als auch in ÖÖsterreich zunehmender Beliebtheit. Nicht nur die Anzahl der Carsharing-Nutzer:innen hat zugenommen, sondern auch die Zahl der Anbieter, die mit einer immer größeren Vielfalt von Fahrzeugmodellen und Bedienkonzepten am Carsharing-Markt auftreten. Wenn man mit dem jeweiligen Carsharing-Fahrzeug nicht vertraut ist, kann das jedoch zu Unbehagen, kritischen Situationen oder gar Unfällen führen. Dennoch gibt es nur wenige Studien zum Thema Carsharing vor dem Hintergrund der Verkehrssicherheit und wenn, dann mit nur wenigen Nutzer:innen. Das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) führte daher eine für Österreich repräsentative Online-Befragung von 1.005 Carsharing-Nutzer:innen und 1.003 Carsharing-Nicht-Nutzer:innen durch, um mehr über deren Verhalten, das erlebte Sicherheitsgefühl bei der Nutzung von Carsharing-Pkw bzw. des vertrauten Pkw sowie zu Erfahrungen mit kritischen Situationen und Unfällen zu erfahren. Speziell die Nutzer:innen von Carsharing wurden zudem danach gefragt, welche Entscheidungskriterien für sie bei der Auswahl der Carsharing-Fahrzeuge eine Rolle spielen und wie sie mit der Bedienung dieser Fahrzeuge zurechtkommen. Aus den Ergebnissen der Befragung wurden Maßnahmen und Verbesserungsvorschläge abgeleitet, die einen positiven Einfluss auf die Verkehrssicherheit bei der Nutzung von Carsharing-Angeboten haben könnten. Zentral ist dabei die Bewusstseinsbildung: Die Nutzer:innen von Carsharing sollten erfahren, wie wichtig es ist, sich vor dem Fahrtantritt mit einem Fahrzeug vertraut zu machen. Die Betreiber bzw. Anbieter von Carsharing wiederum könnten diverse Aspekte der Verkehrssicherheit in ihrem Angebot berücksichtigen. Angesichts des wachsenden Carsharing-Angebots ist es aus Forschungssicht außerdem notwendig, die Datengrundlage zum Unfallgeschehen von Carsharing-Nutzer:innen zu verbessern, da sie die Voraussetzung für die Berechnung wesentlicher Risikokenngrößen ist.

Carsharing has become increasingly popular in recent years both in Germany and Austria. Not only has the number of carsharing users increased, but also the number of operators and providers who appear on the carsharing market with an ever-greater variety of vehicle models as well as control/operating concepts has grown. However, the lack of familiarity with the respective carsharing vehicle can often lead to discomfort as well as critical situations or even accidents. Up to now, however, studies on the topic of carsharing in the context of road safety have only rarely been carried out and only with a low number of users. The Austrian Road Safety Board (KFV) therefore conducted an online survey, representative for Austria with 1,005 carsharing users and 1,003 carsharing non-users. Participants were not only asked about their behaviour but also on the experienced feeling of safety when using carsharing vehicles or familiar vehicles as well  as on experiences with critical situations and accidents. Carsharing users in particular were also asked about their decision-making criteria when choosing  vehicles as well as about their ability to cope with the operation of the carsharing vehicles. Based on the results of the survey, measures and suggestions for improvement were derived to increase road safety in the context of carsharing. It is particularly important to raise awareness among carsharing users about the need to familiarise themselves with the vehicle before starting a journey, as well as to raise awareness among operators and providers about the need to take road safety aspects into account in their services. Furthermore, it is necessary to improve the data basis on accidents of carsharing users, as it is the prerequisite for the calculation of essential risk parameters.

doi.org/10.53184/ZVS4-2023-1

Subjektiv sichere Radinfrastruktur als Baustein für eine nachhaltige Verkehrswende

Cycling as a means of transportation is gaining social and political importanc

Rul von Stülpnagel und Heiko Rintelen

Radfahren gewinnt als Verkehrsmittel immer mehr an gesellschaftlicher und politischer Bedeutung. Subjektive Sicherheit stellt dabei ein Kernelement dar, mit dem breitere Bevölkerungsschichten unterstützt werden können, das Fahrrad in ihrem Alltag zu nutzen. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung von Radverkehrsanlagen mit Hinblick auf die subjektive Sicherheit bestehen noch große Wissenslücken. Im Rahmen des „Berliner Straßenchecks“ wurde 2019 eine großangelegte Online-Umfrage durchgeführt, um belastbare Erkenntnisse über die Auswirkungen unterschiedlicher Ausprägungen von Radinfrastrukturen in unterschiedlichen Straßensituationen zu gewinnen. Es zeigt sich, dass Mischverkehr, ungenügende Größe und Auszeichnung von Radverkehrsanlagen sowie mangelnde Trennung vom Kfz-Verkehr von Radfahrenden als besonders unangenehm und unsicher empfunden werden. Es gibt jedoch deutliche Hinweise darauf, dass selbst kleine und leicht umzusetzende Maßnahmen in der Verkehrsführung große Auswirkungen auf das Sicherheitsempfinden von Radfahrenden haben können.

Subjectively safe cycling infrastructure – a cornerstone of a sustainable mobility change Cycling as a means of transportation is gaining social and political importance. Subjective safety represents a core element that can be facilitated to support a greater proportion of the population to use bicycles in their daily lives. However, there are still large gaps in our knowledge concerning the effect of design choices of cycling facilities on subjective safety. To this end, the „Berliner Straßencheck“, a large-scale online survey was conducted in 2019 to gain robust insights into the effects of different cycling infrastructure implementations in different road situations. The results show that cyclists perceive travelling in mixed traffic, an insufficient size and demarcation of cycling facilities, and a lack of separation from car traffic as particularly unpleasant and  unsafe. However, there are clear indications that even small and easily implemented measures can have a significant impact on cyclists‘ level of subjective safety.

doi.org/10.53184/ZVS4-2023-2

Sachschadensunfälle im Busverkehr: Neue Einblicke durch Auswertung einer Versicherungsdatenbank

Property damage accidents in bus traffic: New insights through evaluation of an insurance database

Richard Vanek

Der Busverkehr ist im Gegensatz zum Pkw-Verkehr in Bezug zur Fahrleistung deutlich sicherer. Unfälle mit Bussen stellen ein seltenes Ereignis dar. In dieser Fallstudie wird ein neuer Ansatz zur Identifikation von Verkehrssicherheitsproblemen in Bezug auf Busunfälle gewählt. Die Unfallauswertung erfolgte durch die Kategorisierung von Busunfällen einer Versicherungsdatenbank eines großen, österreichweit tätigen Busunternehmens. Einträge aus dieser Datenbank wurden manuell den Unfalltypen gemäß RVS 02.02.22 Verkehrssicherheitsuntersuchung zugeordnet und analysiert. Somit wurden nicht nur Unfälle mit Personenschäden (UPS), sondern auch Unfälle mit Sachschäden (USS) betrachtet. Es zeigte sich, dass die meisten Unfälle Alleinunfälle (Unfalltypenobergruppe 0) gefolgt von Unfällen mit haltenden und parkenden Fahrzeugen (Unfalltypenobergruppe 7) und Unfällen im Richtungsverkehr (Unfalltypenobergruppe 1) sind. Weiterhin zeigte sich, dass sich gemessen zur Fahrzeit überproportional viele Unfälle in den Depots ereignen. Bei Betrachtung der Schadensstelle am Bus zeigte sich, dass insbesondere die Ecken der rechten Seite betroffen sind.

Property damage accidents in bus traffic: New insights through evaluation of an insurance database Accidents involving buses are a rare occurrence. Compared to car traffic, bus traffic is significantly safer in terms of mileage. In this case study a new approach to identify traffic safety problems related to bus accidents is chosen. The accident evaluation was carried out by categorising bus accidents from an insurance database of one major Austrian bus company which operates in whole Austria. Entries from this database were manually assigned to the accident types according to RVS 02.02.22 Road Safety Study and analyzed. Thus, not only accidents with personal injury (UPS) but also accidents with property damage (USS) were considered. It was found that most accidents are single-vehicle accidents (accident type upper group 0), followed by accidents with stopping and parked vehicles (accident type upper group 7) and accidents in one-way traffic (accident type upper group 1). Furthermore, a disproportionate number of accidents at the depots was investigated, regarding the measured travel time. It turned out that the affected buses show damages particularly at the corners on the right-hand side.

doi.org/10.53184/ZVS4-2023-3

Geschichte der Verkehrsmedizin – alte und neue Aufgaben mit Rückblick auf 66 Jahre Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin

History of traffic medicine – old and new tasks, with a review of 66 years of the German Society for Traffic Medicine

Rolf Hennighausen und Volker Dittmann

Abgesehen von der Schifffahrtsmedizin hat die Verkehrsmedizin ihre ältesten Wurzeln in der gerichtlichen Medizin. Mit Beginn der Motorisierung Anfang des 20. Jahrhunderts gab es über Verkehrsunfälle mit Kraftfahrzeugen zunächst nur kasuistische Berichte. Mit zunehmender Verkehrsdichte wurden verkehrsbedingte Traumata systematischer untersucht. Eine ausführliche Monografie über Verkehrsunfälle von Buhtz (1938) stellt dann schon das menschliche Fehlverhalten insbesondere durch Alkoholeinfluss und damit die Fahrsicherheit in den Vordergrund. Weitere Meilensteine waren die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) 1957 und das von K. Wagner und H.-J. Wagner 1968 herausgegebene umfassende Handbuch der Verkehrsmedizin. Das Gutachten „Krankheit und Kraftverkehr“, das erstmals detaillierte Leitlinien zur Beurteilung der Fahreignung lieferte, wurde 1973 publiziert, die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie erfolgte 1999. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wuchs auch die Einsicht, dass es wegen der Komplexität des Verkehrsgeschehens zur Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht nur medizinischer und psychologischer, sondern auch ingenieurwissenschaftlicher und straßenbautechnischer Erkenntnisse bedurfte, sodass heute der interdisziplinäre Ansatz nicht mehr infrage gestellt wird.

Aside from maritime medicine, traffic medicine has its oldest roots in forensic medicine. With the beginning of motorization at the beginning of the 20th century, there were initially only casuistic reports on traffic accidents involving motor vehicles. As traffic density has increased, traffic-related trauma has been studied more systematically. A detailed monograph on traffic accidents by Buhtz (1938) then puts human error, in particular through the influence of alcohol, and thus driving safety, in the foreground. Further milestones were the founding of the German Society for Traffic Medicine in 1957 and that of K. Wagner and H.-J. Wagner’s comprehensive handbook of traffic medicine published in 1968. The “Disease and Motor Traffic” report, which for the first time provided detailed guidelines for assessing fitness to drive, was published in 1973, and the German Society for Traffic Psychology was founded in 1999. In the second half of the 20th century, there was also growing realization that, because of the complexity of traffic events to increase road safety required not only medical and psychological knowledge, but also engineering and road construction knowledge, so that today the interdisciplinary approach is no longer questioned.

doi.org/10.53184/ZVS4-2023-4