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Verkehrssicherheitsscreening – Sicherheit auf baden-württembergischen Straßen

Road Safety Screening – Safety on the Roads in Baden-Württemberg

Thorsten Kathmann, Hartmut Ziegler, Martin Pozybill

In der Verkehrssicherheitsarbeit hat Baden-Württemberg in der Vergangenheit bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Um diesen erfolgreichen Weg weiterzugehen und die Sicherheit des Straßennetzes noch weiter zu erhöhen, wurde jetzt ein neues Verfahren zur flächendeckenden Ermittlung von unfallauffälligen Streckenabschnitten entwickelt: Das Verkehrssicherheitsscreening. Erstmals werden alle für die Verkehrssicherheitsarbeit relevanten Informationen (Unfalldaten, Verkehrsmengen und Fahrzeuggeschwindigkeiten, Straßengeometrie, Straßenzustand und Streckenfotos) einheitlich ausgewertet und die Ergebnisse in thematischen Karten dargestellt. Zusätzlich gibt es für die unfallauffälligen Abschnitte sogenannte Verkehrssicherheitssteckbriefe, die die Einzelinformationen thematisch gegliedert zusammenfassen. Zur besseren Dringlichkeitsreihung für die Abarbeitung der unfallauffälligen Abschnitte wurde ein Software-Werkzeug entwickelt. Neben der vereinfachten Vorbereitung eines Ortstermins für die Mitglieder der Unfallkommissionen durch die landesweit verfügbaren standardisierten Steckbriefe soll das Verkehrssicherheitsscreening auch einen gezielteren Einsatz der begrenzten Haushaltsmittel bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit bewirken. 

In the past there have been numerous improvements in road safety in Baden Württemberg. Nevertheless, it was decided to continue on this positive road and further increase the road safety by developing a new method to detect accident accumulation lines on an area wide scale: The Road Safety Screening. In order to achieve this aim for the first time all available information (accident data, traffic volumes and vehicle speeds, road geometry, road surface condition and pictures) were systematically analysed and combined. The results are presented in thematic maps. Next to this, for the most relevant road sections the basic data was summarized in so-called fact sheets. To determine a ranking order in which to eliminate accident sections a new tool was created. The main aim of the Road Safety Screening is to make the preparation of on-site-visits for the members of the accident commission a lot easier. This is achieved due to the available road safety fact sheets. Next to this, the Roads Safety Screening helps to allocate the financial means to the most important projects for increasing road safety.

Unfallrekonstruktion aus rechtsmedizinischer Sicht

Traffic accident reconstruction from a legal medical perspective

Matthias Graw und Jiri Adamec

Die praktische und wissenschaftliche Beschäftigung mit Verkehrsunfällen ist ein wichtiger Teil der Arbeit in der Rechtsmedizin. In diesem Artikel werden die Möglichkeiten rechtsmedizinischer Analysen hinsichtlich der Klärung der Unfallursachen, der Rekonstruktion des Unfallgeschehens und der Aufarbeitung von Straßenverkehrsunfällen aufgezeigt. Die konkreten Aufgaben der Rechtsmediziner und ihre Rolle in interdisziplinären Analysen werden dargelegt.

Traffic accident analyses in theory as in well as practice are an important part of the legal medicine expert‘s work. In this article, the possibilities of legal medical analyses regarding the ascertainment of the cause of the accident, the accident reconstruction and the contribution to traffic safety are depicted. The concrete tasks of the legal medical experts and their role in the multidisciplinary analyses are explained.

Erfassung der Fahrermüdigkeit: Expertenbefragung zum Vergleich verschiedener Messverfahren

A comparison of different methods for driver fatigue assessment based on expert surveys

Christina Platho, Eike Andreas Schmidt und Harald Kolrep

Müdigkeit am Steuer ist eine bedeutsame Ursache von Straßenverkehrsunfällen. Es steht eine Fülle unterschiedlicher Methoden zur Verfügung, um Müdigkeit beim Fahrer zu erkennen. Ziel des vorliegenden Projekts war es, auf Basis einer mehrstufigen Befragung von zwölf Experten aus Industrie- und Hochschulforschung die Stärken und Schwächen der derzeit validesten objektiven Müdigkeitsmessverfahren vergleichend zu beschreiben. Als Basis der Bewertung diente ein eigens erarbeiteter Gütekriterienkatalog. Zu den validesten Müdigkeitsmessverfahren gehören aus Expertensicht Lenkverhalten und Spurhaltung, Indikatoren des Lidschlussverhaltens und des EEG, das videobasierte Expertenrating sowie der kontrovers diskutierte Pupillografische Schläfrigkeitstest. Die Güteprofile der sechs ausgewählten Messverfahren werden im Artikel aufgeführt. Je nach Einsatzgebiet sind alle ausgewählten Messverfahren (Forschung & Entwicklung), nur einige (Müdigkeitswarnsystem im Fahrzeug), oder kein einziges (Verkehrskontrolle) geeignet. Dem Urteil der Experten nach bedarf eine valide Müdigkeitserfassung der Kombination von mindestens zwei Messverfahren unter Berücksichtigung der spezifischen Stärke-Schwächenprofile.

Driver fatigue is a contributing factor in a significant number of road accidents. A large number of different methods is available to assess driver fatigue. By conducting multi-stage expert surveys the strengths and weaknesses of the most valid methods for the assessment of driver fatigue were compared, based on an ad hoc developed list of criteria. The most valid methods to assess driver fatigue selected by the twelve experts are the assessment of steering behaviour and lane keeping, eyelid closure, EEG, video-based expert assessments, and (quite controversial) the Pupillographic Sleepiness Test. Their differing strengths and weaknesses are described in the article at hand. Depending on the fields of application all six (research & development), only a few (fatigue warning systems) or none of the selected methods (traffic controls) are applicable. To achieve a valid assessment of driver fatigue, it is recommended to combine at least two different methods, considering their respective strengths and weaknesses.

Regio-Protect 21 – ein verkehrspädagogisches Ausbildungsangebot und Ergebnisse der Evaluation

„Regio-Protect 21“ – a traffic pedagogical training proposal and outcomes of the evaluation

Bianca Bredow, Michael Palloks, Philipp Luniak und Dietmar Sturzbecher

Mängel in der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung zählen zu den Hauptunfallursachen von Fahranfängern und müssen daher in den Mittelpunkt der Fahranfängervorbereitung rücken. Das brandenburgische Projekt „Regio-Protect 21“ richtet sich auf eine entsprechende Ergänzung der Fahrausbildung und der Fahrerlaubnisprüfung. Die Projektziele bestehen darin, Fahrerlaubnisbewerber anhand regionaler fahranfängerspezifischer Gefahrenstrecken stärker für anfängertypische Fahrkompetenzdefizite zu sensibilisieren sowie ihre Fähigkeiten zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung zu fördern. Mit einer Evaluationsstudie wurde geprüft, ob das Projekt von Fahrlehrern und Fahrerlaubnisprüfern genutzt wird, ob es lernwirksam ist und ob es dazu beitragen kann, Fahranfängerunfälle zu reduzieren. Die Ergebnisse der Projektevaluation deuten übereinstimmend auf die Lern- und Sicherheitswirksamkeit des Projekts hin, zeigen aber auch, dass die Projektmaterialien aufgrund des hohen Nutzungsaufwands bislang zu wenig eingesetzt werden.

Deficiencies in hazard perception and hazard avoidance count among the most common accident causes of novice drivers. Therefore, there has to be a stronger emphasis on them for increasing traffic safety. The Brandenburg project “Regio protect 21” is directed towards a corresponding further development of driver training and the driving test. The aims of the project are to sensitize driving licence applicants concerning the deficiencies of inexperienced drivers and to enhance their skills of hazard perception and hazard avoidance. For this purpose, the driving-licence applicants get to know routes in their home area, where novice drivers had accidents with profound consequences. In the context of an evaluation it was investigated, if the project is used by driving instructors and driving examiners, if it leads to learning effects and if it contributes to declining the number of accidents caused by novice drivers. The outcomes of the evaluation congruently indicate that the project leads to learning and safety effects. Likewise, they show that the project is used insufficiently at present because of the high effort related to the application of the project materials.

Nutzen/Kosten-Analyse des obligatorischen Einsatzes von Unfalldatenspeichern, Methodik und Ergebnisse

Benefit/Cost-Analysis of mandatory Event Data Recorder Applications, Approach and Results

Erwin Petersen, Jörg Ahlgrimm

Europäische Kommission und Parlament erwägen eine europaweite obligatorische Einführung von Unfalldatenspeichern bzw. Event Data Recordern (EDR) für Straßenfahrzeuge. Dieser Beitrag beschreibt Methodik und Ergebnisse einer Nutzen/Kosten-Bewertung für potenzielle Maßnahmen. Über bekannte Studien hinausgehend werden hier EDR-Einsätze nach Fahrzeugarten differenziert betrachtet. Dazu werden neben den EDR-Ausrüstungskosten und dem Unfall-Reduktionspotenzial auch Kosten für die notwendige Infrastruktur sowie Nutzeneffekte durch die Verwendung der EDR-Daten bei Sachverständigen-Gutachten und weiteren Prozessen berücksichtigt. Trotz „konservativer“ Parameteransätze und im Betrachtungszeitraum „halbierter“ Unfallkosten führt eine obligatorische Ausstattung aller Kfz in Deutschland demnach zu sehr erheblichen volkswirtschaftlichen Netto-Einsparungen von mehr als zwei Milliarden Euro in der Hochlaufphase und 350 Millionen Euro im ersten „Voll-Jahr“. Das entsprechende Nutzen/Kosten-Verhältnis ist im „Voll-Jahr“ für alle Kfz höher als fünf, dabei für jede einzelne Fahrzeugart höher als vier. Sowohl für Omnibusse als auch schwere Güterkraftfahrzeuge ist das Nutzen/Kosten-Verhältnis mehrfach höher als für leichte Lkw, Pkw und Krafträder.

European Commission and Parliament are considering potential europewide requirements for mandatory applications of Event Data Recorder (EDR) for road vehicles. This paper describes the approach and results of a Benefit/Cost Assessment for potential legislative measures. Going beyond known studies the measures are differentiated by dedicated vehicle categories. In addition, not just the EDR equipment costs and benefits due to accident reductions, but also costs for the necessary infrastructure and read-out of data sets as well as benefits by utilizing the EDR data sets for accident expertise and further processes are taken into account. In spite of “conservative” parameter settings and “halved” accident costs within the considered period, this assessment shows significant economic net-benefits of more than two billion Euro in the ramp-up phase and 350 million Euro in the first “Full-Year”-valid for mandatory EDR application to all motor vehicles in Germany. The corresponding Benefit/Cost-Ratio is higher than five for “all” and at least higher than four for every vehicle category. Both for buses and heavy commercials the Benefit/Cost-Ratio is several times higher than for light trucks, cars and motor bicycles.

Fahrerassistenzsysteme aus ethischer Sicht

Advanced Driver Assistance Systems from the Perspective of Ethics

Oliver Bendel

Es werden immer mehr Assistenzsysteme in Autos verbaut. Manche unterstützen und informieren den Fahrer. Andere nehmen ihm bestimmte Aufgaben ab – und machen aus dem von Menschen gesteuerten System ein teilautonomes. Längst sind auch  ollautonome Systeme auf den Straßen unterwegs, sogenannte selbstständig fahrende Autos, als Prototypen der Unternehmen und innerhalb von Forschungsprojekten. Aus der Sicht der Ethik – der Bereichsethiken ebenso wie der Maschinenethik – stellen sich zu Fahrerassistenzsystemen verschiedene Fragen. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, daraus erste Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Systeme abzuleiten.

More and more assistance systems are installed in cars. Some support and inform the driver. Others relieve him or her of certain tasks – and transform the human-guided system into a semi-autonomous one. For a long time also fully autonomous systems are on the roads, so-called self-driving cars, as prototypes of companies and within research projects. From the perspective of ethics – both of the special ethics and of machine ethics –, advanced driver assistance systems raise various questions. The aim of this paper is to derive initial suggestions from them for the improvement and development of the systems.