Jahresabonnement hier bestellen

Jugendliche Mopedlenker/innen und Verkehrsreife

Juvenile moped drivers and traffic maturity

Bettina Schützhofer, Rainer Banse

Jugendliche Mopedlenker/innen sind in der Unfallstatistik in Österreich überproportional stark vertreten. Das vom österreichischen Verkehrssicherheitsfonds VSF geförderte Projekt MOVER – Jugendliche MOpedlenker/innen und VERkehrsreife hatte das Ziel, aus verkehrspsychologischer Sicht zu untersuchen, wie man die Verkehrssicherheit dieser Zielgruppe verbessern kann. In einer prospektiven Längsschnittstudie wurde überprüft, ob 15-Jährige bereits über ausreichend Verkehrsreife verfügen, um sicher am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen. Des Weiteren wurde untersucht, ob sich die Entwicklung der Verkehrskompetenzen über die Altersreifung hinaus durch  sieben theoriebasierte verkehrspsychologische Kurzinterventionen beschleunigen lässt. Es zeigte sich, dass die hohen Unfallzahlen auf die noch nicht voll entwickelten Verkehrskompetenzen, insbesondere auf zwar jugendtypische, aber aus Verkehrssicherheitsperspektive ungünstige Einstellungs- und Persönlichkeitsmuster  zurückzuführen sind. Es scheint daher geboten, diese besonders gefährdeten Jugendlichen mithilfe eines verkehrspsychologischen Screeningverfahrens zu identifizieren. Zur Risikominimierung wird ein verstärkter Fokus auf die sozial-emotionalen Aspekte der Verkehrsreife in der Mopedführerscheinausbildung empfohlen. Die im MOVER-Projekt entwickelten Kurzinterventionsmodule sind dafür geeignet.

Young moped drivers are over-represented in the accident statistics in Austria. The project MOVER – Jugendliche MOpedlenker/innen  und VERkehrsreife (MOVER – Young moped drivers and traffic maturity), funded by the Austrian Road Safety Fund VSF, aimed to investigate from a traffic psychology point of view how the road safety of this target group can be improved. In a prospective longitudinal study, it was examined whether 15-year-olds already have sufficient traffic maturity to safely participate in motorized road traffic. Furthermore, it was examined whether the development of traffic skills can be accelerated beyond normal age maturity by seven theory-based short interventions in traffic psychology. It turned out that the high accident figures are due to the not yet fully developed traffic skills, in particular to attitude and personality patterns that are typical of young people but unfavourable from a traffic safety perspective. It therefore seems necessary to identify these particularly vulnerable adolescents with the help of a traffic-psychological screening procedure. In order to minimize the risk, a stronger focus on the social-emotional aspectsof traffic maturity in moped driving license training is recommended. The short intervention modules developed in the MOVER project are suitable for this purpose.

Edukative Maßnahmen für Fahranfänger – Eine Chance für die Verbesserung der Verkehrssicherheit in Deutschland?

Educative Measures for Novice Drivers – Opportunities for improving road safety in Germany?

Jan Genschow, Dietmar Sturzbecher

Zur Absenkung der Unfallrisiken von Fahranfängern sollen künftig – neben dem Begleiteten Fahren – auch freiwilligeAngebote für edukative Maßnahmen zur Fahrerweiterbildung in einem „Optionsmodell“ bereitgestellt werden. Voraussetzunghierfür ist die Entwicklung geeigneter Maßnahmenkonzepte, ihre modellhafte Umsetzung und Erprobungsowie schließlich der Nachweis ihrer Lern- und Sicherheitswirksamkeit durch Evaluationsstudien. Im Beitrag werdendie Entwicklungsergebnisse für zwei edukative Maßnahmenkonzepte beschrieben und fachlich begründet. Die nunvorliegenden Maßnahmenkonzepte sind bis zur Erprobungsreife ausgearbeitet. Sie bauen auf bewährten Elementender Fahrerweiterbildung wie Feedbackfahrten im Realverkehr und Fahrsicherheitstrainings auf, jedoch beinhalten sieeigenständige thematische und methodische Schwerpunkte und Umsetzungsformen. Bei der Maßnahmenbeschreibungund -begründung wird auf qualitative Unterschiede der neu entwickelten edukativen Maßnahmenkonzepte zumfrüheren Modellprojekt „Freiwillige Fortbildungsseminare für Fahranfänger“ Bezug genommen.

In order to reduce the accident risks of novice drivers, voluntary educative measures for drivers are to be made available in an “optionmodel” in addition to accompanied driving. The prerequisite for this is the development of suitable concepts for measures, their exemplaryimplementation and testing and, finally, proof of their learning and safety effectiveness through evaluation studies. In the article,the development results for two educative measure concepts are described and technically substantiated. The concepts nowavailable have been worked out until they are ready for being trialled. They are based on proven elements of driver training, such asfeedback drives in real traffic and driving safety training, but they contain their own thematic and methodological focal points andimplementation forms. In describing and substantiating the measures, reference is made to qualitative differences between the newlydeveloped educative measure concepts and the earlier model project “Voluntary further training seminars for new drivers”.

Raumzeitliche Analyse des Unfallgeschehens auf Straßen

Spatio-Temporal Analysis of Road Safety

Helen Waleczek, Justin Geistefeldt

Die Darstellung der räumlichen Verteilung der polizeilich erfassten Unfälle in Unfalltypenkarten ist eine wesentliche Grundlage der Örtlichen Unfalluntersuchung. Um neben der räumlichen auch die zeitliche Verteilung des Unfallgeschehens abzubilden, wird die zeitabhängige Unfalltypenkarte als zusätzliche Darstellungsform vorgeschlagen. Dabei wird in einem zweidimensionalen Koordinatensystem, in dem die horizontale Achse der Kilometrierung und die vertikale Achse der Zeit entspricht, jeder Unfall entsprechend dem Zeitpunkt und dem Ort des Auftretens eingetragen. Die Kennzeichnung der Unfallschwere sowie des Unfalltyps entspricht der Darstellung in konventionellen Unfalltypenkarten. Durch die unterschiedlichen Dichten der sich ergebenden Punktwolken in der zeitabhängigen Unfalltypenkarte können signifikante Veränderungen des Unfallgeschehens auch in kurzen Zeiträumen veranschaulicht und durch geeignete Clusteralgorithmen identifiziert werden.

Crash type maps illustrate the position of crashes in road networks and are a standard instrument for road safety analysis. To illustratenot only the spatial but also the temporal distribution of crashes, the use of time-dependent crash type maps is proposed.The time-dependent crash type map is drawn in a two-dimensional coordinate system, in which the horizontal axis represents thechainage and the vertical axis the time. The crash severity and crash type can be marked in the same way as in conventional crashtype maps. The resulting point distributions illustrate significant changes of crash occurrence also in short-time periods, which canbe identified with suitable cluster analysis methods.

Evaluation des Unfallpräventionsprogramms P. A. R. T. Y.

Evaluation of the P. A. R. T. Y. accident prevention program

Tina Gehlert, Michael Köhler, Sebastian Bamberg, Thomas Brockamp, Marina Schlattmann, Sophie Kröling

P. A. R. T. Y. ist ein klinikbasiertes Unfallpräventionsprogramm für Schulklassen (Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren). Es wird seit Langem in Nordamerika und Australien eingesetzt. Es wurde für Deutschland adaptiert und erstmals evaluiert. Kern des Programms ist der P. A. R. T. Y.-Tag, an dem Schulklassen die verschiedenen Stationen Schwerverletzter in einer Unfallklinik erleben. Im Schuljahr 2016/17 wurde eine quasi-experimentelle Längsschnittstudie mit drei Befragungszeitpunkten durchgeführt. 19 P. A. R. T. Y.-Tage in sieben Unfallkliniken wurden evaluiert. 908 SchülerInnen wurden befragt, davon 574 zu allen drei Messzeitpunkten. Aufgrund der heterogenen Durchführung, wurde eine Metaanalyse zur Auswertung gewählt. P.A.R.T.Y zeigt kurzfristig kleine, statistisch signifikante Effekte auf selbstberichtetes Risikoverhalten und dessen Determinanten, die sich nach vier bis fünf Monaten nicht mehr nachweisen lassen. Ein wichtiger Grund dafür scheint zu sein, dass die implizite Programmtheorie unzureichend ist. Die Furchtappelle mögen kurzfristig Aufmerksamkeit und Neugier der Jugendlichen wecken, für langfristige Verhaltensänderungenmüssen die Erlebnisse aber auch kognitiv verarbeitet werden.

P. A. R. T. Y. is an one-day injury awareness and prevention programme for youth aged 15 to 18. The core of the programme is the P. A. R. T. Y. day. School classes spend a day experiencing the various wards through which a (seriously) injured person goes in a trauma hospital. In the school year 2016/17, a quasi-experimental longitudinal study was carried out with three interview dates. 19 P. A. R. T. Y. days in seven trauma hospitals were evaluated. 908 pupils were interviewed, 574 of them at  all three measuring points. As the P. A. R. T. Y.-days are different from each other, a meta-analysis was chosen as study design. The P. A. R. T. Y. programme exhibits small, statistically significant short-term effects on self-reported risk behaviour and its determinants. No statistically significant effects are found after four to five months. An important reason for this seems to be that the implicit programme theory underlying the programme is inadequate. Fear appeals may arouse the attention and  curiosity of young people in the short term. For long-term behavioural changes, however, the experiences in the hospital must also be cognitively processed.

 

 

Hochbetagte Autofahrerinnen und Autofahrer in Senioreneinrichtungen

Quality of life and autonomy. Elderly drivers in retirement facilities

Stefan Arend, Imke Finze

Im Zuge des demografischen Wandels rücken die Fragestellungen und Herausforderungen einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen, deutlicher als je zuvor in den Fokus öffentlicher Diskurse. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass nicht nur die sozialen Sicherungssysteme, insbesondere die Sozialversicherungen davon betroffen sind, sondern alle gesellschaftlichen Bereiche tiefgreifende Veränderungen erfahren. Dabei gewinnt auch das Thema Mobilität an Bedeutung, vor allem in Bezug auf die Kfz-Nutzung. Wie mobil kann und muss eine Gesellschaft des langen Lebens sein? Welche Bedeutung hat die private, selbstständige Nutzung eines Kfz für ältere und alte Menschen? Was muss unternommen werden, um die Kfz-Nutzung auch im hohen Alter sicherzustellen? Wo sind Grenzen der Kfz-Nutzung im Alter gesetzt? Diese Fragestellungen werden nicht nur von den Experten der Verkehrssicherheit aufgeworfen, im Hinblick auf Fahreignung und Verkehrsmedizin, sondern auch von der Gerontologie und Geriatrie. Untersuchungen zur Kfz-Nutzung von hochbetagten Fahrerinnen und Fahrern (ab einem Lebensalter  von über 80 Jahren) sind allerdings noch sehr selten. Erstmals werden mit der vorliegenden Erhebung hochbetagte Bewohnerinnen und Bewohner von Senioreneinrichtungen, die noch ein eigenes Kfz besitzen und nutzen, in den Blick genommen: Sie fühlen sich nach eigenem Bekunden mehrheitlich den Herausforderungen  des Straßenverkehrs gewachsen, nennen aber auch viele ganz konkrete Belastungen bei der Nutzung des Autos. Für die Teilnehmer der Studie ist die Nutzung des Kfz ganz offensichtlich ein Ausdruck von Autonomie und Selbstständigkeit. Sie würden sich daher auch für spezielle Schulungsangebote (z. B. Fahrsicherheitstraining) interessieren und daran teilnehmen, wenn diese Schulungen auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten wären.

In the course of demographic change, the issues and challenges of an ageing society, in which more and more people reach old age, are becoming more apparent than ever before and are in the focus of public discourse. The realization is that demographic change not only affects social security systems, especially social insurance, but also causes profound changes in all areas of society. At the same time, the subject of mobility, especially road traffic and vehicle use, is gaining in importance. How mobile  can and must be a society of long life? What significance does private, independent use of a car have for both older and old people? What needs to be done to ensure  that the car can be used even in old age? What are the limits of car use in old age? These questions are not only raised by the experts in traffic safety, fitness to drive  and traffic medicine, but also in gerontology and geriatrics. However, studies on the use of cars by elderly drivers (beyond the age of 80 years) are still very rare. For the first time, the present survey focuses on elderly people living in old people‘s homes who still own and use their own car: they feel that they are mostly facing the challenges of road traffic, but mention many very specific burdens on using the car. For the participants in the study, the use of the car is an expression of autonomy and independence. They would therefore also be interested in or participate in special training courses tailored to their specific needs.